Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) hat jüngst einen Vergleich der Rentensysteme diverser Staaten veröffentlicht. Darin werden zum Teil Projektionen bis ins Jahr 2075 gewagt. Wie Deutschland im internationalen Vergleich abschneidet.


7.1.2016 (verpd) Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) hat vor Kurzem ihren sechsten Bericht zur Entwicklung der Alterssicherungssysteme in insgesamt 34 Ländern des OECD-Raums und der Gruppe der G20-Staaten vorgelegt. Ein Ergebnis ist, dass unter anderem auch in Deutschland die jüngeren Generationen mit weit weniger Altersbezügen rechnen können als die derzeitigen Rentenbezieher.

Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) untersucht alle zwei Jahre die Bevölkerungsentwicklung sowie die Änderungen in der Rentenpolitik in 34 OECD-Ländern sowie in den G20-Staaten. Der erst kürzlich veröffentlichte aktuelle sechste Bericht zur Entwicklung der Alterssicherungssysteme enthält unter anderem verschiedene Prognosen bis ins Jahr 2075. Den Staaten ist demnach gemeinsam, dass sie sich einer alternden Bevölkerung gegenübersehen, worauf im Kern mit einer Verlängerung der Lebensarbeitszeit reagiert wird.

Altersquotient steigt an

Die OECD-Rentenexpertin Monika Queisser erklärte bei der Präsentation der Studie, dass es im Grunde nach bei den staatlichen Alterssicherungs-Systemen nur drei Stellschrauben gebe: die Höhe der Beiträge und der staatlichen Zuschüsse, die Regelarbeitsgrenze und das davon abgeleitete Rentenniveau.

Nach den Langfrist-Projektionen bis zum Jahr 2075 wird der sogenannte Altersquotient in Deutschland auf 66,3 Prozent ansteigen. Dieser gibt an, wie viele über 65-jährige Menschen auf 100 Menschen im arbeitsfähigen Alter zwischen 20 und 64 Jahren kommen. Der für Deutschland prognostizierte Wert von 66,3 Prozent bedeutet, dass 2075 auf drei Personen im erwerbsfähigen Alter bereits zwei über 65-Jährige entfallen. 1975 hatte der Quotient noch bei 26,3 Prozent und 2015 bei 35.3 Prozent gelegen.

OECD-weit verschlechtert sich die Quote von 27,6 Prozent im Jahr 2015 auf 55,4 Prozent im Jahr 2075. Die größten Probleme mit der Bevölkerungsstruktur dürften nach der Projektion im Jahr 2075 Portugal (75,6 Prozent), Japan (77,2 Prozent) und Korea (80,1 Prozent) bekommen.

Risiko von Altersarmut wird zunehmen

Queisser zufolge haben die Reformen der vergangenen Jahre insgesamt die Rentensysteme in den OECD-Ländern auf finanziell solidere Basis gestellt. „Rentner genießen heute einen höheren Lebensstandard als jemals zuvor.“ Die Altersbezüge zukünftiger Generationen dürften allerdings weit weniger großzügig ausfallen. „Für viele Menschen wird das Risiko von Altersarmut zunehmen“, erklärte Queisser.

Die Altersarmut in Deutschland liegt dem Rentenbericht zufolge zwar unter dem OECD-Durchschnitt, sie ist aber deutlich höher als in Nachbarländern wie Frankreich, den Niederlanden oder Dänemark.

In Deutschland kommt ein Durchschnittsverdiener bei einer vollständigen Erwerbsbiografie in der Rentenphase auf 53,4 Prozent seines früheren Nettoarbeitsverdienstes. Insgesamt liegt hier das OECD-Niveau im Durchschnitt mit 63 Prozent jedoch deutlich höher. Unter Einbeziehung der Riester-Rente käme aber der oben genannte Durchschnittsverdiener auf ein Rentenniveau, das nur knapp unterhalb des OECD-Durchschnitts liegt. Für Geringverdiener mit nur 50 Prozent des Durchschnittlohns liegt das Rentenniveau allerdings deutlich unter dem OECD-Durchschnitt.

Die atypische Beschäftigung greift um sich

Der aktuelle OECD-Rentenbericht befasste sich schwerpunktmäßig mit den Auswirkungen unterbrochener Erwerbsbiografien auf spätere Rentenansprüche. „Bei kurzer Arbeitslosigkeit müssen Arbeitnehmer in Deutschland so gut wie keine Einbußen bei den Rentenansprüchen hinnehmen“, hält der Bericht fest. Und auch bei längerer Arbeitslosigkeit würden die Einbußen bei der Rente in Deutschland geringer ausfallen als in den meisten OECD-Ländern.

„Dagegen bereitet die Zunahme atypischer Beschäftigung Anlass zur Sorge“, erklärte Queisser. Nicht nur in Deutschland würden Standard-Erwerbsbiografien mit langen Beitragszeiten zunehmend durch befristete Beschäftigung oder Teilzeitarbeit abgelöst. Auch die Soloselbstständigkeit nehme zu.

Wer für seine persönliche Situation wissen möchte, ob die voraussichtliche gesetzliche Rente ausreicht, um den bisherigen Lebensstandard zu halten, kann dies in einem Beratungsgespräch mit einem Versicherungsfachmann klären. Der Experte hilft auch bei der Frage, welche individuellen, teils staatlich geförderten Altersvorsorgeformen infrage kommen, wenn voraussichtlich eine Lücke zwischen dem zu erwartenden Renteneinkommen und dem eigentlich notwendigen finanziellen Bedarf besteht.

Michael Möhler

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